Qualifizierungschancengesetz - Was Unternehmen darüber wissen müssen
Das Qualifizierungschancengesetz trat im Januar 2019 in Kraft. Es soll Arbeitnehmer fördern und auf den Arbeitsmarktwandel vorbereiten. Zur Durchsetzung erhielt die Bundesagentur für Arbeit (BA) mehr Rechte. Unternehmen müssen Pflichten nachkommen, von denen sie aber auch profitieren können.
Was ist das Qualifizierungschancengesetz?
Das Qualifizierungschancengesetz wurde im September 2018 beschlossen. Ziel ist es, dass Mitarbeiter mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung erhalten. Dies soll durch die Arbeitsagentur für Arbeit durch verschiedene Maßnahmen gefördert werden. Zum einen sollte der Arbeitsagentur ein größeres Weiterbildungsangebot zustehen und zum anderen sollten mehr Geld für entsprechende Weiterbildungsangebote zur Verfügung stehen. Bisher war das Weiterbildungsangebot nur an ältere Mitarbeiter in einem Unternehmen im Rahmen des „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen“ WeGebAu-Gesetzes gerichtet. Finanziert wird dies durch die hohen Rücklagen der BA, wodurch der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung auf 2,5 Prozent sank. Bis 2022 soll der Beitrag um 2,6 Prozent steigen.
Wer profitiert vom Qualifizierungschancengesetz?
Es profitieren sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber:
- Arbeitgeber können sich die Förderung ihrer Mitarbeiter vom Staat finanzieren lassen und erhalten gleichzeitig besser ausgebildete Mitarbeiter.
- Arbeitnehmer werden stärker ans Unternehmen gebunden.
- Arbeitnehmer erhalten ein Recht darauf, sich zu den verschiedenen Weiterbildungsangeboten beraten zu lassen.
- Arbeitnehmer können sich in anderen Bereichen weiterbilden, um auch in Zukunft attraktive Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben.
- Auch eine Förderung für berufsbegleitende Weiterbildung oder für Mitarbeiter in Teilzeit ist möglich.
Wie profitieren Arbeitgeber?
Die BA zahlt einen Teil der Weiterbildungskosten. Zudem wird bei einer Freistellung, mit Zahlung des vollen Gehalts, ein Teil des Gehalts von der BA übernommen. Diese Zuschüsse sind abhängig von der Größe des Unternehmens. Während bei Kleinunternehmen mit einer Mitarbeiteranzahl von weniger als zehn Beschäftigten bis zu 75 Prozent der Lohnkosten übernommen werden, sind es bei größeren Unternehmen ab 2500 Mitarbeitern immerhin noch 15 bis 20 Prozent. Unternehmen von zehn bis 250 Mitarbeitern erhalten bis zu 50 Prozent des Zuschusses und Unternehmen mit 250 bis 2499 Mitarbeitern erhalten 25 Prozent des Zuschusses.
Ihre Mitarbeiter haben allerdings keinen Rechtsanspruch auf Weiterbildungen im Rahmen des Qualifizierungschancengesetzes, sondern lediglich einen Anspruch auf Weiterbildungsberatung. Da Sie einen Teil der Lohnkosten tragen, muss der Mitarbeiter die entsprechende Weiterbildungsmaßnahme vorher mit Ihnen absprechen.
Wie profitieren Arbeitnehmer?
Das Qualifizierungschancengesetz soll Arbeitnehmer vor allem auf die neuen Herausforderungen der Digitalisierung vorbereiten. Beispielsweise kann sich ein KFZ-Mechaniker durch die Weiterbildung im Bereich Elektroautos weiterbilden. In den kommenden Jahren müssen sich Werkstätten und Mitarbeiter zunehmend auf die neuen Herausforderungen einstellen.
Der Strukturwandel in Deutschland setzt sich fort und die Digitalisierung bringt neue Schlüsseltechnologien hervor. Zudem werden in bestimmten Bereichen wie der Landwirtschaft zunehmend Arbeitsplätze wegfallen. Für diese Arbeitnehmer wird es schwierig ohne Weiterbildungsmaßnahmen in anderen Bereichen Jobs zu finden. Daher sollen diese Arbeitnehmer durch das Qualifizierungschancengesetz die Möglichkeit erhalten, sich in andern Bereichen weiterzubilden und so ihre berufliche Laufbahn neu ausrichten zu können.
Welche Bedingungen gibt es für die Förderung?
Nach dem Paragrafen 82 SGB III gibt es fünf Kriterien, die für eine Förderung eines Mitarbeiters erfüllt werden müssen. Dazu zählen:
1. Die Berufsausbildung des Mitarbeiters muss mindestens vier Jahre zurückliegen.
2. Der Abstand zwischen zwei Weiterbildungen muss mindestens zwei Jahre betragen.
3. Die zu fördernde Weiterbildungsmaßnahme darf nicht Fähigkeiten für die aktuelle Position vermitteln. Das vermittelte Wissen muss über arbeitsplatzbezogene Kenntnisse hinausgehen.
4. Die Weiterbildung muss von einem externen Bildungsträger durchgeführt werden.
5. Die Weiterbildungsmaßnahmen müssen länger als vier Wochen dauern. Die BA muss jede Weiterbildungsmaßnahme zunächst mit einem Bildungsgutschein genehmigen, der dann bei einem externen Bildungsträger eingelöst werden kann.
Kritik am Qualifizierungschancengesetz
Am neuen Qualifizierungschancengesetz gibt es auch Kritikpunkte. Wir zeigen Ihnen, welche das sind:
Förderung
Es werden nur Weiterbildungen gefördert, die außerhalb des Betriebes stattfinden. Arbeitgeber sehen dahingehend einen verminderten Lerneffekt, da man das erlernte Wissen nicht in die Tat umsetzen könne. Zudem behandelt die Weiterbildung ohnehin einen Bereich, der wenig mit der aktuellen Stelle zu tun hat und dem Arbeitgeber daher auch nicht viel nützt.
Genehmigung
Es ist ein bürokratischer Aufwand, jede Weiterbildungsmaßnahme zunächst von der BA genehmigen zu lassen. Zudem wird kritisiert, dass man nur einen Anspruch auf Beratung, aber keinen Rechtsanspruch auf die Weiterbildungsmaßnahme hat.
Keine Entlastung
Die Beiträge für Arbeitnehmer in der Arbeitslosenversicherung werden zwar gesenkt, allerdings werden die Beiträge der Pflegeversicherung gleichzeitig erhöht. Daher ergibt sich letztlich keine Einsparung.
Selbstständigkeit
Selbstständige profitieren nicht von dem Gesetz, da Sie keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung zahlen. Das benachteiligt diese Berufsgruppe, da Weiterbildungsangebote eigenständig gesucht und finanziert werden müssen.
Unternehmensgröße
Für größere Unternehmen wirken die Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen des Qualifizierungschancengesetzes bisweilen unattraktiv, da der Zuschuss von 25 Prozent sehr gering ist.
Qualifizierungschancengesetz als Vorbereitungsmaßnahme für den Strukturwandel
Auch wenn es Kritikpunkte gibt, bietet das Qualifizierungschancengesetz langfristig gesehen Vorteile. Selbst wenn konkrete "digitale Arbeitsweisen" noch nicht im Unternehmen erforderlich sind, bereiten die Weiterbildungsmaßnahmen Mitarbeiter auf künftige Anforderungen vor, bevor das Unternehmen diese Anforderungen stellt. So können Unternehmen, bei denen in absehbarer Zeit die Digitalisierung voranschreitet, sofort auf qualifizierte Mitarbeiter zurückgreifen. Das wirkt auch dem Fachkräftemangel langfristig entgegen.